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Text der Galleri Heike Arndt
Mini Maxi Print 2020 (04.11.20)

Ingrid Simons ist eine multidisziplinäre bildende Künstlerin aus den Niederlanden. Als Grafikerin arbeitet sie hauptsächlich mit Lithografie, Siebdruck und Toyobo-Drucken.

In ihren glänzenden Siebdrucken transzendiert Ingrid Simons die gefühlte Energie des Landes. Sie konzentriert sich hier auf die Rekonstruktion einer neuen, körperlich gewordenen Realität durch ihren Kunstprozess.

Die Serien von Ingrids Grafiken sind von dynamischer, explosiver Energie und doch friedlicher Atmosphäre erfüllt. Die Gelb- und Orangetöne der Grafiken spiegeln das glänzende Licht wider, während die eingefangenen wilden Landschaften die Grafiken mit dem Gefühl der Erdung ausgleichen. Simons’ farbenfrohe und lebhafte Werke besitzen eine eigentümliche, sublime Intensität, die den Betrachter beim Betrachten in ihren Bann zieht. Die dargestellten Landschaften ermutigen das Publikum, das andauernde Chaos des Geistes zu verlangsamen und laden dazu ein, der Natur aufmerksamer zuzuhören, um auf diese Weise einen friedlichen Geisteszustand zu erreichen.

Simons’ Engagement in der Kunst ist ihr Beitrag zur historischen Erzählung der Landschaftsdarstellung. Das Ergebnis ist eine sehr persönliche Sprache in ihrem Siebdruck, wobei sie beschränkte Farben und definierte Atmosphären verwendet. Die geschaffenen Landschaften werden  selbst zu expressiven Räumen.

https://berlin.heike-arndt.dk/de/ingrid-simons-nl

 

 

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Text der Katalog der Ausstellung “Zusam”
Alte Post (Neuss, Deutschland, 2010)
Saskia van der Wiel, Kunsthistoriker
Curator Museum van Bommel van Dam

Ausstellung mit Alexandra Roozen und Linda Arts, Curator Bert Loerakker, 2. Mai bis zum 4. Juni 2010

Ingrid Simons (Eindhoven, 1976) malt in lockerem, expressivem Stil. In den vergangenen Jahren bildet Landschaft ihren Ausgangspunkt. In einem Teil ihrer Arbeiten sind die landschaftlichen Elemente deutlich zu erkennen, aber ebenso häufig stehen die breiten Farbstreifen für sich selbst und widersprechen jeglichem Ansatz von Perspektive.

Der Moment, in dem Farbe beginnt, ein Bild zu formen, reizt sie. Sie versucht, den Übergang von Abstraktion zum Figürlichen und die Grauzone dazwischen in ihren Arbeiten einzufangen. Die Farbe bekommt Raum, läuft hier und da frei über die Leinwand und so entstehen neue Bilder und unerwartete Lösungen. Sie erschafft eine Landschaft und verändert sie, bis eine neue Konstellation entstanden ist, die nur noch schwer mit der Wirklichkeit in Verbindung zu bringen ist.

Simons beschränkt sich auf wenige Farben. Viele ihrer Bilder sind schwarz-weiß. Dadurch entfernen sie sich von vornherein von der Wirklichkeit. Sie erhalten dadurch auch eine sachliche, etwas kühle Ausstrahlung. Wo Farben benutzt werden, wird das Ganze sofort angenehmer und zugänglicher. Farbe mildert und bringt die Erfahrungswelt näher. Die Farbe Schwarz sorgt für eine Schwere und Bedeutung in den Bildern und wird ausgiebig benutzt. Die Landschaften, die sie kreiert, haben hochromantischen Charakter. Sie setzen sich aus Nadelbäumen, Waldlichtungen, Bergkämmen und verlassenen Häusern zusammen. Es sind Nocturnes, Stücke, die die Nacht besingen, mit Mondlicht und dunklen Schatten.

Die Verlassenheit und die Leere, die aus den Bildern sprechen, sind ergreifend. Die Landschaften gleichen zwar nicht den heimischen, doch sie sind für jeden erkennbar. Vielleicht sind es Fantasielandschaften, Bilder von Ängsten, Hirngespinste. Als Betrachter kann man endlos darin umherschweifen, auf der Suche nach Klarheit und Zusammenhang.

© Saskia van der Wiel, mei 2010

 

 

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“Abstrahierende Figuration – Ingrid Simons” (2006)
Text : Asja Kaspers, Galerie Epikur, Wuppertal, Deutschland

“Abstrahierende Figuration” -so benennt Ingrid Simons selbst ihre Malerei. Doch in der Bildbetrachtung aus der Distanz sieht man zunächts Reminiszenzen an klassische Genre :
Landschaften – Stilleben – Interieurs. Menschliche Figuren übernehmen keine Hauptrolle, sondern werden gleichberechtigt eingebettet. Augenfällig ist hingegen Simons Einsatz von Farbe und Farbigkeit durch die eine eigensinnige Farbstimmung erzeugt wird : Gleissende Gelb- und Weißtöne beherrschen eine Landschaft, ein tiefes Grün vermittelt das Gefühl von der Erhabenheit der Natur, ein changierendes Rosa dominiert ein verlassen wirkendes Interieur oder ein Landschafts-oder Raumeindruck wird durch den starken Kontrast von Schwarz und Weiß intensiviert.
Gleich, ob Simons einen ebenmäßig zurückhaltenden Farbauftrag wählt oder durch virtuosen Duktus reliefartige Strukturen erzielt : die Farbe ist immer vorrangiger Bedeutungsträger.
Dies führt zurück zur “abstrahierenden Figuration”. Zwar ist bei allen Gemälden die Nähe zur sichtbaren Welt und ihre Funktion als Basis für die Malerei. Ingrid Simons deutlich nachzuvollziehen, doch wird gerade bei näherem Heranschreiten und intensiver Betrachtung die Autonomie der Farbe evident.
Schicht um Schicht trägt Simons die stetig voluminöser werdende Farbe auf, bis einzelne, unverdünnte Farbpartien zu eigenständigen Farbkörpern werden. Durch dieses Verfahren löst sich Simons mehr und mehr von der natürlichen respektive der fotografischen Vorlage und vollzieht somit eine intuitive Abstraktion.

Simons hält Szenen ihres persönlichen Alltags mithilfe der Fotografie fest. Hierin spielen sie selbst, enge Freunde, ihre unmittelbare Umgebung sowie insbesondere Eindrücke und Erlebnisse eine Rolle, die sie auf Reisen eingefangen hat.
Doch die Fotos können die erlebte Realität nur fragmentarisch wiedergeben, obwohl sie eine -wenn auch ausschnitthafte- Abbildung einer sichtbaren Welt sind. Während Ingrid Simons ihre Gemälde plant, ihre Essenz in Skizzen und Vorstudien austariert bevor sie letztlich die Bildidee in die Malerei transferiert, wird ein den Fotografien abwesender Faktor maßgeblich : das Gefühl und die Empfindung, die von der Künstlerin in der abgebildeten Situation erlebt und aus der zeitlichen Distanz erinnert wurde.
Ausdruck findet diese absolute Subjektivität in der Abstraktion. Diese bedeutet in der Malerei Simons nicht nur Vereinfachung im Sinne von Reduktion gegenständlicher Merkmale, sondern insbesondere auch Veränderung, Umkehrung, Fokussierung und Irritation.
Die Arbeit “Jardin II”(2005) etwa zeigt einen Platz oder ein Waldlichtung, auf der zwei leere, ungeordnet erscheinende Stühle darauf verweisen, dass dort erst kürzlich jemand gesessen haben könnte. Aufgrund des bildbeherrschenden Gelb vermutet man zunächts einen hellen,sonnigen Tag. Bei näheren Betrachtung wird man jedoch gewahr, dass sich in gräulich-schimmernden Flächen die umstehenden Bäume spiegeln. Der Waldboden scheint also vielmehr durchnässt und von großen Regenpfützen überzogen zu sein. Die vorrangige Farbinformation wird somit als absichtliche Irritation entlarvt – nur manchmal blitzen naturalistische Anleihen wie etwa das satte Grün der Bäume durch.
Die Inversion der Farben führt die Methode der Künstlerin vor : Sie kehrt ihr Inneres nach Außen und verdeckt gleichsam äusserlich Sichtbares. Die Abstraktion der Figuration fungiert in der Malerei Ingrid Simons zwar als Verzerrung des objektiven Abbildes, dennoch konkretisiert sie eine subjektive Realität :
Denn keine Fotografie vermag es, von der erlebten Empfindung zu berichten.

Asja Kaspers, M.A.
Galerie Epikur, Wuppertal
2006

Texte der Katalog der Ausstellung Realität und Sichtbarkeit ; Sieben Positionen Junge Kunst aus Estland, Niederlande, Polen, Schweiz und Deutschland

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